Osservatorio delle libertà ed istituzioni religiose

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Osservatorio delle Libertà ed Istituzioni Religiose

Documenti • 10 Marzo 2004

Sentenza 18 giugno 1993

Corte Costituzionale. Sezione Seconda.
Diritto Pubblico. Sentenza 18 giugno 1993.

(omissis)

2. – a) Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben.

Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde erging sowohl im Namen des Mädchens als auch im eigenen Namen des Vaters. Es fragt sich, ob auch beide dazu legitimiert sind.

b) Gemäss Art. 49 Abs. 3 BV verfügt über die religiöse Erziehung der Kinder bis zum erfüllten 16. Altersjahr der Inhaber väterlicher oder vormundschaftlicher Gewalt; eine auf Art. 4 Abs. 2 BV beziehungsweise Art. 303 Abs. IZGB abgestützte Auslegung dieser Verfassungsnorm ergibt, dass die Eltern über die religiöse Erziehung und Betätigung ihrer Kinder unter 16 Jahren entscheiden (Ulrich Häfelin, in Kommentar BV, Art. 49, Rz. 116, insb. Anm. 314). Im Einklang mit Art. 304 Abs. 2 ZGB darf ferner bei verheirateten Eltern davon ausgegangen werden, dass jeder Elternteil im Einvernehmen mit dem andern handelt, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen. Die Bundesverfassung sieht somit eine doppelte Trägerschaft für die Glaubens- und Gewissensfreiheit vor: Einmal ist das Kind selber – allerdings mit beschränkter Fähigkeit zur selbständigen Geltendmachung – Träger dieses Grundrechts, zum zweiten trifft dies aber auch für die Eltern zu, bildet doch deren religiöses Erziehungsrecht über ihre noch nicht 16 Jahre alten Kinder einen Bestandteil der elterlichen Religionsfreiheit (vgl. Peter Karlen, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz, Zürich 1988, S. 254 ff.; Häfelin, Art. 49 BV, Rz. 115 f.).

Da im vorliegenden Fall das Mädchen 1982 geboren und damit noch nicht 16jährig ist, kann der Vater die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowohl in seinem eigenen Namen wie auch in demjenigen seiner Tochter anrufen. Vom Einverständnis der Mutter ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen.

c) Als fraglich erscheint hingegen, ob der Vater berechtigt ist, aus eigenem Recht die persönliche Freiheit seiner Tochter anzurufen. Im vorliegenden Zusammenhang ist die entsprechende Rüge allerdings nebensächlich. Es rechtfertigt sich daher, die Frage der Beschwerdeberechtigung des Vaters offenzulassen, ist diesbezüglich doch jedenfalls das Mädchen selbst legitimiert.

3. – a) Nach Art. 49 Abs. 1 BV ist die Glaubens- und Gewisensfreiheit unverletzlich. Gemäss Art. 49 Abs. 5 BV entbinden Glaubensansichten aber nicht von der Erfüllung bürgerlicher Pflichten.

Art. 9 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4 November 1950 (EMRK; SR 0.101) gibt jedermann Anspruch auf Gedanken- Gewissens- und Religionsfreiheit, insbesondere die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit andern öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben (Ziff. 1); die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Massnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind (Ziff. 2).

b) Die Bundesverfassung behält somit die Einhaltung von Bürgerpflichten, die Menschenrechtskonvention unter anderem die öffentliche Ordnung sowie den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Besucher der öffentlichen Schule vor. In BGE 117 Ia 314 E. Ib liess das Bundesgericht die Frage offen, ob die Bundesverfassung und die Menschenrechtskonvention, wie es noch in BGE 116 Ia 258 unter Verweis auf BGE 114 Ia 131/2 angenommen hatte, die gleichen Garantien enthalten, oder ob nicht eher die Konvention einen weitergehenden Schutz gewährleiste (vgl. dazu auch Karlen, a.a.O.,S. 163 ff.). Im Sinne einer Präzisierung der Rechtsprechung hielt es aber fest, dass der Kanton die religiösen Freiheiten durch die Festlegung von Bürgerpflichten, einschliesslich der Pflicht zum Schulbesuch, nicht weiter einschränken dürfe, als dies auch vom öffentlichen Interesse geboten und verhältnismässig sei beziehungsweise eine notwendige Massnahme im Sinne von Art. 9 Ziff. 2 EMRK darstelle.

(omissis)

7. – a) Gemäss Art. 49 Abs. 5 BV entibinden die Glaubensansichten nicht von der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten. Damit weist die Verfassung ausdrücklich auf den Vorrang des staatlichen Rechts vor kirchlichen Vorschriften oder Glaubens- und Gewissens entscheiden des einzelnen hin. Dennoch darf nicht ein absoluter Vorrang der Bürgerpflichten angenommen werden, denn die gegenläufigen Absätze 1 und 5 von Art. 49 BV stehen auf der gleichen rechtlichen Ebene (Häfelin, Art. 49 BV, Rz. 147). Bei der Umschreibung der staatsbürgerlichen Pflichten hat der Gesetzgeber vielmehr auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit Rücksicht zu nehmen.

Aber auch die rechtsanwendenden Behörden sind nicht davon entbunden, im Einzelfall zu prüfen, ob das Beharren auf einer Bürgerpflicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, beziehungsweise ob der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt ist (BGE 117 Ia 315 E. b.: 114 Ia 132/3 E. b; Häfelin, Art. 49 BV, Rz. 147; Karlen, a.a.O., S. 315). Dies ist desto weniger der Fall, je weniger den religiösen Freiheitsrechten bei der rechtlichen Erfassung der Bürgerpflichten Rechnung getragen wurde (BGE 117 Ia 315 E. 2b mit Literaturhinweisen). Insbesondere kann die Unverhältnismässigkeit unter Umständen gerade in der vorbehaltlosen Anwendung einer allzu strikten Regelung begründet sein (BGE 117 Ia 321).

Dabei kann Art. 49 Abs. 5 BV als Norm, welche dem einzelnen im Hinblick auf seine bürgerlichen Pflichten die Berufung auf ein grundlegendes verfassungsmässiges Recht versagt, nur den Vorrang haben, wenn die Erfüllung der Piflicht durch ein dringendes und gewichtiges öffentliches Interesse geboten ist (Herbert Plotke, Schweizerisches Schulrecht, Bern 1979, S. 306; Frowein/Peukert, a.a.O., N 23 zu Art. 9 EMRK). Im übrigen ist in der Schule die Glaubens- und Gewissensfreiheit in erster Linie durch Toleranz zu gewährleisten (BGE 114 Ia 134 E. 3a), einem dieser Freiheit inhärenten Gebot (Karlen, a.a.O., S. 51 f. und 193 ff.).

b) Beim Obligatorium des Schulbesuchs, einschliesslich der Pflicht zur Teilnahme am Schwimmen im Rahmen des Turnunterrichts, handelt es sich um eine Bürgerpflicht im Sinne von Art. 49 Abs. 5 BV. Das Erteilen von Schuldispensationen aus religiösen Gründen wird für die Volksschulen des Kantons Zürich in den §§ 58-60 VSV geregelt. In § 58 VSV werden die Tage umschrieben, an welchen Schüler katholischer Konfession und jüdischen Glaubens vom Schulbesuch befreit sind. Bei Schülern anderer Bekenntnisse sind auf Verlangen des Besorgers an hohen Feiertagen Dispensationen zu erteilen (§ 58 Abs. 3 VSV). § 59 Abs. I VSV konkretisiert, dass Schüler, deren Eltern als strenggläubige Juden oder Adventisten den sabbat als religiösen Feiertag achten, auf Gesuch und nach Wahl des gesetzlichen Vertreters am Samstag von manuellen Arbeiten und Leibesübungen oder vom Besuch der Schule zu befreien sind, wobei sie zur Nacharbeit der versäumten Arbeiten verpflichtet sind. § 60 VSV sieht ferner vor, dass auf schriftliche Mitteilung des gesetzlichen Vertreters unter Berufung auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit hin Schüler der Primarschule vom Unterricht biblischer Geschichte und Sittenlehre freigestelt werden.

Eine Befreiung vom Schwimmunterricht, wie sie im vorliegenden Fall beansprucht wird, kennt die zürcherische Rechtsordnung für die Primarschule nicht. Hingegen sieht § 60 Abs. 3 VJG für die Oberstufe vor, dass die Schulpflege aus besonderen Gründen Schüler vom Besuch einzelner Fächer befreien kann. Wie sich aus dem Entscheid der Bezirksschulpflege Dietikon ergibt, wird daraus in der Praxis unter anderem die Möglichkeit einer Dispensation vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen für Oberstufenschülerinnen abgeleitet. Der Regierungsrat scheint aber davon auszugehen, dass eine analoge Anwendung dieser Bestimmung für die Primarschule nicht zulässig ist. Er beruft sich denn auch darauf, dass die im Zürcher Schulrecht geregelten Dispensationsmöglichkeiten aus religiösen Gründen für die Primarschulen ausreichend seien und abschliessenden Charakter hätten. Eine Freistellung vom Schwimmunterricht sei dabei nicht vorgesehen.

Ob die Interpretation des Regierungsrates zutrifft, kann hier offenbleiben. Selbst wenn er sich mit der Verweigerung der Dispensation keine Verletzung kantonaler Vorschriften hat zuschulden kommen lassen, greift seine Argumentation zu kurz. Sollte sich die Verweigerung der Freistellung vom Unterricht als unverhältnismässig erweisen, so ist sie auch verfassungswidrig und zwar unabhänging davon, ob das massgebende kantonale Recht eine Dispensation vorsieht oder nicht (vgl. BGE 117 Ia 320/l E. c.).

c) Das Obligatorium des Primarschulbesuchs bezweckt, die regelmässige Vermittlung von Grundkenntnissen zu gewährleisten (Borghi, a.a.O., Rz. 29); es soll eine genügende Grundausbildung für alle Kinder sichern. Aus der Gleichheitsregel von Art. 4 BV ergibt sich sinngemäss der Auftrag an den Staat, gemessen an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten von den staatlichen Bildungsmöglichkeiten her eine gewisse Chancengleichheit für alle zu wahren. Art. 4 Abs. 2 BV enthält zudem ausdrücklich den Gesetzgebungsauftrag und damit das staatliche Ziel, für die Gleichstellung von Mann und Frau, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit, zu sorgen. Bei diesen von der Verfassung vorgegebenen Ausbildungszielen handelt es sich um gewichtige öffentliche Interessen.

Der Schwimmunterricht im besonderen hat zum Ziel, den Schülern zur Fertigkeit im Schwimmen zu verhelfen. Damit sollen sie nicht nur in den Genuss des Spasses am Schwimmen und Baden gelangen, sondern sie sollen mit dem Wasser vertraut gemacht und es soll dazu beigetragen werden, Ertrinkungsunfälle mangels Kenntnissen im Schwimmen zu verhindern. Dieses Ziel wird durch den Schwimmunterricht im Rahmen des obligatorischen Schulunterrichts sichergestellt.

d) Die Schule erbringt ihre Leistungen nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Schüler selbst. Die dabei verfolgten Ziele bilden in diesem Sinne Faktoren des Kindeswohls, aus welchem Grund der Schulbesuch zum Beispiel auch gegen den Willen der Eltern durchgesetzt werden kann. Dabei handelt es sich grundsätzlich ebenfalls um massgebliche öffentliche Interessen (vgl. BGE 118 Ia 438 E. c).

Soweit die Elternrechte betroffen sind, hat sich der Staat allerdings Zurückhaltung aufzuerlegen. Dies trifft namentlich zu für den Bereich der religiösen Erziehung, welche von Verfassung wegen für Kinder unter 16 Jahren in die alleinige Kompetenz der Eltern gestellt ist (Art. 49 Abs. 3 BV). Umgekehrt darf der Staat durch seine Massnahmen nicht dazu beitragen, dass die im Spiel stehenden Verfassungsziele – einschliesslich des Gleichstellungszieles nach Art. 4 Abs. 2 BV – über den Kompetenzbereich der Eltern hinaus unterlaufen werden.

c) Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hat eine öffentliche Schule von einer Gesamtsicht auszugehen. Sowohl in der Vermittlung des Lehrstoffes als auch bei ihrer Organisation muss sie sich an einen möglichst breiten gemeinsamen Nenner halten, und sie hat die Kohärenz der Schulklassen und des Unterrichts zu gewährleisten. Die Berücksichtigung von Religionsvorschriften einzelner Schüler – sei es von Angehorigen der traditionel in der Schweiz verwurzelten Glaubensbekenntnisse, sei es von anderen – findet daher dort ihre Schranke, wo ein geordneter und effizienter Schulbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann (BGE 177 Ia 317 E. 4a; 114 Ia 133/4 E. 3a). Ausserdem darf das religiös geprägte Verhalten nicht dazu führen, dass die anderen Schüler in ihren religiösen Gefühlen verletzt werden. Die Ausübung der eigenen Glaubens- und Gewissens freiheit wird insofern von der Religionsfreiheit der andern begrenzt. Für die Beachtung dieser Zusammenhänge hat die Schule, gerade wegen ihrer Neutralitätspflicht, auch zu sorgen, soweit dadurch der Schulunterricht tangiert wird.

Ob sich jemand mit Erfolg auf die Religionsfreiheit berufen kann, hängt indes nicht vornehmlich davon ab, ob seine religiöse überzeugung stark vom Landesüblichen abweicht, wie der Regierungsrat annimmt. Gewiss erwog das Bundesgericht in BGE 114 Ia 133 E. 3a, aus der Religionsfreiheit lasse sich nicht ableiten, dass ein Schüler die öffentliche Schule zwar besuchen, ihr aber in einem praktisch unbeschränkten Ausmass fernbleiben könne; auch unter Berufung auf die Glaubens- Gewissens- und Kultusfreiheit könne nicht die Berücksichtigung einzelner Glaubensüberzeugungen oder Religionsvorschriften verlangt werden, wenn diese so sehr vom Landesüblichen abwichen, dass bei deren Berücksichtigung ein geordneter und effizienter Schulbetrieb nicht mehr gewährleistet sei, beziehungsweise dass ihnen nur schwer oder nicht in der öffentlichen Schule Rechnung getragen werden könne. Das entscheidende Gewicht liegt dabei aber in diesem zweiten Gesichtspunkt und nicht im Ausmass des für hiesige Verhältnisse üblichen.

Es ist nicht zu verkennen, dass in verschiedenen Regionen öffentliche Schulen mehr und mehr von Kindern aus andern Kulturkreisen und damit oft auch aus verschiedenen Religionsgemeinschaften besucht werden. In einer kritischen Anmerkung zu BGE 114 Ia 129 (in: ZBI 90/1989, S. 32, Ziff. 2) wurde vermerkt, dass eine grosszügige Dispensationspraxis der Schulbehörden nicht ohne Rückwirkungen auf die Kohärenz von Schulklassen und des Unterrichts bleiben und als Präjudiz bald einmal für weitere Dispense angerufen werden könnte. Die Sorge allein, dass eine dem Gebot religiöser Toleranz entspringende Dispensationspraxis als Signal für unhaltbare Gesuche missverstanden werden könnte, rechtfertigt aber nicht, gewissermassen generalpräventiv eine restriktive Praxis zu beschreiten. Es kommt letztlich darauf an, ob konkret zu befürchten, ist, dass durch die nachgesuchte Dispensation ein geordneter und effizienter Schulbetrieb und damit der Ausbildungsauftrag der Schule in Frage gestellt wird (vgl. dazu auch BGE 117 Ia 317/8 E. 4a).

8. – a) Die öffentlichen Interessen, auf denen ein Grundrechtseingriff beruht, müssen die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegen. Ausserdem hat der Eingriff das Verhältnismässigkeitsprinzip zu wahren (BGE 118 Ia 439 E. 7a; 117 Ia 318 E. b mit Hinweisen).

Das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Schulobligatoriums ist abzuwägen gegenüber dem Interesse der Gesuchsteller, als Familie ihren Glaubensvorstellungen nachleben zu können. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit kommt es dabei genausowenig wie bei der Bestimmung des Schutzbereiches der Religionsfreiheit darauf an, ob die zur Diskussion stehende Regel von allen Glaubensangehörigen gleichermassen befolgt wird. Ebensowenig ist entscheidend, ob diese Regel als allgemeine oder gar staatlich anerkannte Gepflogenheit im Ursprungsland für jene Person gilt, welche sich darauf beruft. Schliesslich kommt es auch nicht darauf an, ob der Schulunterricht, von welchem eine Dispensation verlangt wird, religiös geprägt ist. In einem solchen Fall ist zwar eine Freistellung – unter anderem auch im Hinblick auf Art. 27 Abs. 3 BV – um so zwingender; das schliesst aber die Dispensation von andern Fächern aus religiösen Gründen keineswegs aus. Massgeblich ist dabei einzig, ob das Verhalten, welches im fraglichen Unterrichtsfach von den Schülern verlangt wird, einen Eingriff in die Religionsfreiheit bedeutet. Der Regierungsrat verkennt dies, wenn er ausführt, dass im Gegensatz zum Turn – beziehungsweise Schwimmunterricht das Fach Biblische Geschichte und Sittenlehre, für welches ausdrücklich eine Dispensationsmöglichkeit vorgesehen sei, einen starken religiösen Bezug aufweise, und er daraus sinngemäss auf Unzulässigkeit der Freistellung im vorliegenden Zusammenhang schliesst.

Somit ist von gewichtigen privaten Interessen auszugehen, wenn es sich bei einer Verhaltensnorm, die von strenggläubigen Anhängern einer Religion angerufen wird, um eine bedeutsame religiöse Vorschrift handelt. Diese stehen vor der Alternative, entweder einem staatlichen oder einem religiosen Gebot zuwiderhandeln zu müssen. Daraus ergibt sich nicht nur die Gefahr eines Gewissenskonflikts, sondern auch einer Auseinandersetzung zwischen Schule und Familie, unter der insbesondere das betroffene Kind leiden könnte (vgl. BGE 117 Ia 318 E. b). Erst wenn das Kindeswohl unter der Befolgung von Glaubensvorschriften konkret und in massgeblicher Weise belastet würde, rechtfertigte es sich, das Kindesinteresse über das Elternrecht zu stellen. Dies träfe etwa zu, wenn die Gesundheit des Kindes gefährdet oder wenn es in seiner Ausbildung in einem Masse eingeschränkt würde, dass die Chancengleichheit – einschliesslich derjenigen zwischen den Geschlechtern – nicht mehr gewahrt wäre, beziehungsweise wenn es Lehrinhalte nicht vermittelt erhielte, die in der hiesigen Wertordnung als unverzichtbar gelten.

b) Im vorliegenden Zusammenhang stehen keine solchen Lehrinhalte in Frage. Der Sportunterricht stellt zwar unbestrittenermassen einen wichtigen Teil des staatlichen Bildungsauftrages dar; dieser Auftrag wird aber durch eine Dispensation vom Schwimmunterricht, der nur einen kleinen Teil des Turnunterrichts bildet, nicht grundsätzlich gefährdet. Sollte das Mädchen im vorliegenden Fall tatsächlich nicht schwimmen lernen, so würden weder der Erwerb eines vollwertigen Schulabschlusses noch seine späteren Berufschancen, ja nicht einmal seine allgemeine tumerische Grundaus bildung, in Frage gestellt.

Der Lehrplan für die Primarschulen des Kantons Zürich selbst schreibt das Schwimmen nicht als Fach vor, das von den Schulen zwingend in den Turnunterricht aufgenommen werden muss, sondern er beschränkt sich auf eine entsprechende Empfehlung. Es scheint denn auch im Kanton Zürich staatlich anerkannte Primarschulen zu geben, die keinen Schwimmunterricht erteilen; ein entprechendes Vorbringen der Beschwerdeführer blieb jedenfalls unbestritten. Ausserdem wird ein Dispens vom Schwimmunterricht, wie er im vorliegenden Fall für die Primarstufe beantragt wurde, an der Oberstufe gewährt. Auch wenn dies auf einer andern Grundlage beruht (vgl. E. 7b), lässt es Rückschlüsse auf den Stellenwert des Schwimmens als Schulfach zu. Abgesehen davon hat der Vater gegenüber den Behörden bekräftigt, er würde dafür besorgt sein, dass seine Tochter im privaten Rahmen schwimmen Lerne. Dass dies für ihn angesichts der gegebenen Randbedingungen besondere organisatorische Probleme aufwirft, ist offensichtlich; dennoch gibt es keinen konkreten Grund, an der Ernsthaftigkeit dieser Absicht zu zweifeln.

c) Im weiteren ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, inwiefern die Dispensation der Schule ernsthafte organisatorische Probleme bereiten und namentlich einen geordneten und effizienten Schulbetrieb in Frage stelle sollte. Auch die Kohärenz der Klasse kann nicht allein davon abhängen, dass ausnahmslos alle Schüler auch am Schwimmunterricht, der einen sehr kleinen Teil des Unterrichtsprogramms ausmacht, teilnehmen. Die im angefochtenen Entscheid diesbezüglich geäusserten Befürchtungen sind allgemeiner Art. Die von den Beschwerdeführern angestrebte Dispensation bringt für die Schule konkret keinen massgeblichen Mehraufwand mit sich. Sie vermag auch die religiösen Gefühle der anderen Schüler nicht in wesentlichem Masse zu verletzen. Im übrigen ist sie durchaus vergleichbar mit jenen Freistellungsmöglichkeiten, die § 59 Abs. 1 VSV für Kinder strenggläubiger Juden oder Adventisten vorsieht, die von manuellen Arbeiten und Leibesübungen oder vom Besuch der Schule am Sabbat befreit werden.

Unüberbrückbare Probleme könnten sich allenfalls dann stellen, wenn eine gemessen an der Grösse der Schule verhältnismässig grosse Anzahl von Schülern Sonderregelungen beantragt. Bis zu einem gewissen Grad ist es jedoch der Lehrerschaft und der Schulverwaltung zumutbar, religiösen Minderheiten bei Ernsthaftigkeit ihrer Anliegen entgegenzukommen, wie sie dies auch tun, wenn eine Absenz aus anderem Grunde erfolgt (BGE 117 Ia 320).

Auch wenn sich aus den Akten ergibt, dass die Primarschule Dietikon über einen grossen Ausländeranteil verfügt, so ist nicht ersichtlich, dass an der Schule eine unverhältnismässig grosse Anzahl von Gesuchen um Sonderregelungen, insbesondere aus religiösen Gründen, gestellt würden. Ferner ist nicht bekannt, wie gross der prozentuale Anteil von Moslems ist, wobei auch diese Zahl für sich allein angesichts der unterschiedlich strikt befolgten Glaubensregeln wenig aussagekräftig wäre. Allein aus dem prozentualen Ausländeranteil kann somit nicht geschlossen werden, dass der Schule wesentliche organisatorische Schwierigkeiten widerführen, wenn der von den Beschwerdeführern angestrebte Dispens bewilligt würde.

d) Nach Auffassung des Regierungsrates ist eine zurückhaltende Dispenspraxis schliesslich auch mit Rücksicht auf das Integrationsprinzip gerechtfertigt, welches verlange, dass sich Ausländer in der Schweiz den hiesigen Rahmenbedingungen anzupassen hätten.

Angehörige anderer Länder und anderer Kulturen, die sich in der Schweiz aufhalten, haben sich zwar zweifellos genauso an die hiesige Rechtsordnung zu halten wie Schweizer. Es besteht aber keine Rechtsplicht, dass sie darüber hinaus allenfalls ihre Gebräuche und Lebensweisen anzupassen haben. Es lässt sich daher aus dem Integrationsprinzip nicht eine Rechtsregel ableiten, wonach sie sich in ihren religiösen oder weltanschaulichen überzeugungen Einschränkungen auferlegen müssten, die als unverhältnismässig zu gelten haben.